Jungen Menschen in Bosnien und Herzegowina fehlen die Perspektiven. Die Gründe dafür sind eine horrende Arbeitslosigkeit, ethnische Spannungen und längst überfällige Reformen. Viele kehren deswegen ihrer Heimat den Rücken und emigrieren, wenige bleiben bewusst oder kehren gar aus dem Ausland zurück.
In Bosnien und Herzegowina können sich Grenzen manchmal sogar quer durch ein Gebäude ziehen. Das Gymnasium der zentralbosnischen Stadt Travnik ist so ein Fall: Der rechte Teil ist himmelblau gestrichen und renoviert. Die linke Seite ist gelb, der Putz fällt herab, und das Erdgeschoss ist mit Graffitis vollgeschmiert. «Aber das Schlimmste ist das da», sagt Jasmin Alibegovic ́ und zeigt auf einen Zaun, der auch noch die beiden Schulhöfe voneinander trennt.
«Zwei Schulen unter einem Dach» heisst das Konzept. Aber was sich so gemeinschaftlich anhört, dient tatsächlich der Trennung: Im linken Gebäudeteil, dem heruntergekommenen, lernen die Kinder der muslimischen Bosniaken, im rechten die katholischen Kroaten. Es gibt zwei Eingänge, zwei Lehrpläne, mit denen die Gruppen jeweils ihre eigene Interpretation von nationaler Identität und Geschichte pflegen. Der Unterricht beginnt zu verschiedenen Zeiten, und auch die Pausen liegen versetzt zueinander.
Jasmin Alibegovic ́ hält davon überhaupt nichts.Äusserlich seien Bosniaken und Kroaten doch gar nicht voneinander zu unterscheiden, und auch die Sprachen sind praktisch identisch. Den 18-Jährigen stört es generell, dass sich die meisten Bürger Bosnien und Herzegowinas zuerst als Bosniaken, Serben oder Kroaten bezeichnen. In einem Café sitzend, legt er bei einem Glas Limonade seinen Arm um seinen Freund Vedran Škobic ́. «Ich verstehe nicht», sagt er zu ihm, «warum Du Dich als Kroate definierst, nur weil Du katholisch bist. Wir sind doch alle Bosnier.» Vedran lacht. «Ganz so einfach ist es nicht», sagt er.
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